China-Reissue der kultigen 'Amida Digitrend' Driver's Watch bei AliExpress

Manche Billiguhren der Vergangenheit wurden später zu gesuchten und seltenen Sammlerstücken, für die man heute tief in die Tasche greifen muss. Eine davon ist die 'Amida Digitrend', eine ausgefallene digitale Scheibenuhr mit springender Stunde (jump hour), die 1976 auf der Baselworld vorgestellt wurde. 

 



Sie ist eine sogenannte Driver's Watch (Autofahreruhr), bei der das digitale Display mit der Zeitanzeige nicht auf der Oberseite der Uhr ist, sondern seitlich. Dies soll dazu dienen, dass ein Autofahrer beim Ablesen der Zeit nicht mehr die Hand vom Lenkrad nehmen muss. Die 'Amida Digitrend' war nicht die erste so geformte Uhr, sondern sie ahmte ein kurz davor erschienenes, trendiges Premiummodell der damaligen Zeit nach, eine 'Bulova' Driver's Watch mit Quarz-Solid-State-Werk und roter LED-Anzeige (ich bin nicht ganz sicher, ob Bulova die Ersten waren, die eine solche LED-Driver's Watch auf den Markt brachten, aber es ist jedenfalls das bekannteste Modell). Die 'Bulova' mit dem neuartigen Quarz-LED-Werk war teuer, die 'Amida Digitrend' war eine Billiguhr, die das fremdartige Aussehen der Bulova kopierte, aber technisch ganz anders funktionierte.

Während beim Quarz-Werk der Bulova einfach ein LED-Display senkrecht eingebaut wurde, um die seitliche, senkrecht stehende Digitalanzeige zu verwirklichen, geht das bei der Technik der einfacheren 'Amida' so nicht. Dort war nämlich ein einfaches und billiges mechanisches Stiftankerwerk eingebaut (Amida 420) und die digitale Anzeige beruht auf zwei rotierenden Scheiben auf der Zifferblattseite. Diese Scheiben liegen also flach auf der Uhrenvorderseite, eine senkrecht stehende Anzeige ist unmöglich. Wie wurde sie also trotzdem verwirklicht? Mit einem Spiegeltrick:
Die beiden Scheiben für Stunde und Minute sind spiegelbildlich bedruckt. Anstatt eines Uhrglases liegt darüber ein (im Querschnitt dreieckiges) auf einer Fläche verspiegeltes Prisma aus Plexiglas. Das Bild der waagrecht liegenden Scheiben wird so in die Senkrechte gespiegelt und die Spiegelschrift auf den Scheiben ist im sichtbaren Spiegelbild wieder richtig herum zu sehen.
Genial einfach, einfach genial!

Wie das funktioniert und aufgebaut ist, kann man hier auf dieser Seite einmal sehen (die einzelnen Bilder können zum Vergrössern angeklickt werden):
www.crazywatches.pl/amida-digitrend-lrd-drivers-jump-hour-1976

Für eine gut erhaltene und funktionierende 'Amida Digitrend' muss man heute etwa 600 bis 800 $ ausgeben.

Nun bin ich beim Stöbern auf AliExpress auf ein interessantes Angebot gestossen. Dort gibt es ein Reissue dieser Kult-Uhr, das zumindest auf den Abbildungen sehr gut aussieht, d.h. diese AliExpress-Digitrend ist von dem Amida-Modell der '70er quasi kaum zu unterscheiden. Die Anzeige wird genauso zustande gebracht wie beim Vorbild, nämlich mit einem Spiegelprisma. Das Werk ist natürlich kein Stiftankerwerk mehr, sondern ein zeitgemässes Quarzwerk. Wie beim alten Vorbild läuft die Minutenscheibe kontinuierlich, die Stundenscheibe bleibt stehen und wird nur einmal stündlich weitergeschaltet, wenn die Minutenscheibe die Minute 60 erreicht. Dies wird durch einen eigenen Motor dieser Scheibe erreicht. 



Es gibt zwei Varianten: entweder silberfarben (Edelstahl) oder schwarz beschichtet. Die Preise liegen zischen ca. 110 $ (mit Gummiband) und 120 $ (mit Edelstahlband).

de.aliexpress.com/item/1005006280049606....gatewayAdapt=glo2deu

de.aliexpress.com/item/1005006326541558....ller%7Cquery_from%3A

de.aliexpress.com/item/32825487435.html?...ller%7Cquery_from%3A

Ich bin am überlegen, ob ich den Spass mitmachen und mir eine kaufen soll. Ich habe eigentlich keine Bedenken wegen des korrekten Funktionierens der Scheibenanzeige. Was meint ihr?

Gruss Andi

 

Ich hatte Anfang der 80er ein Commodore A Coupé wo ich eine Lufthutze auf die Motorhaube gebaut habe.
Diese sah fast genauso aus wie die Uhr. Ob Amida bei mir kopiert hat...

Das ist ein tolles Auto. Ein Kumpel von mir hatte so einen (ich glaube von 1971), super erhalten (zumindest optisch) in braun-metallisch mit schwarzem Kunstlederdach und Chrom-Radkappen. Der stand in einer Halle herum zum Herrichten, als das Gebäude geräumt werden musste, wanderte er leider in den Schrott - schade, schade.

Diese Amida-Autofahreruhr kann man wohl nicht als schön bezeichnen im landläufigen Sinn. Aber ungewöhnlich ist sie und ein Hingucker, wie bei einem Unfall kann man den Blick nicht abwenden von dem Unglück   

Das Vorbild, die Bulova LED Driver's Watch (ab 1976) wurde als Autofahreruhr beworben. Das seitliche Display sollte dazu dienen, dass der Fahrer beim Ablesen nicht die Hand vom Lenkrad nehmen muss. Nun ist es aber ja bei einer LED-Uhr so, dass die Zeitanzeige nicht permanent ist, sondern man muss zum Ablesen einen Drücker betätigen und die Anzeige erscheint dann für ein paar Sekunden. Insofern musste man als Fahrer ja schon eine Hand vom Steuer nehmen, nur halt nicht die mit der Uhr, sondern die andere. Damit bot die Uhr in dieser Hinsicht nicht mehr als jede beliebige herkömmliche Uhr. Ausser bezüglich LED-Uhren, da waren die Driver's Watches überlegen. Man konnte also wenigstens eine Hand am Steuer lassen und musste nicht freihändig fahren. Aber so konnte man das in der Werbung ja nicht sagen (Man hört ja auch nie: "Jetzt mit neuem Rezept! Nicht mehr so gut wie früher, aber noch nicht total zum Kotzen!"

www.crazywatches.pl/bulova-computron-229-drivers-n6-led-1976

www.crazywatches.pl/bulova-computron-254-drivers-n7-led-1977

www.crazywatches.pl/bulova-computron-255-drivers-n7-led-1977


Bild von crazywatches.pl

Ich kannte dieses Gerät bisher gar nicht, daher erstmal vielen Dank für die schöne Vorstellung. Und ja, auch mir kam im ersten Moment so ein Hood Scoop in den Sinn, als ich dieses Ührchen sah. Interessant auf jeden Fall, aber ich glaube, ich bleibe standhaft.

Jetzt helft mir doch mal bitte: Stichwort „Autofahrer-Uhr“
Ich zeigte vor einiger Zeit eine Autofahreruhr, kann sie absolut nicht mehr finden. Bei der „Suchfunktion“ gab ich verschiedene Stichwörter ein, Ergebnis entweder zehn Seiten, oder fast gar nichts!  Sagt jetzt nicht, „unfähig die Suchkriterien einzugeben“, aber ich habe bestimmt etliches ausprobiert.
Ich möchte nämlich versuchen, die Uhr hier reinzubringen, um evtl. darüber zu sprechen.
Vorerst Danke an Andi für die gute Präsentation 

Hab’s gefunden!
“Drivers Watch“ war das Stichwort für die Suche! (Wie einfach )
Es handelt sich um die „Derby Swissonic Jaz“ mit Etawerk 9156?

Die Derby Swissonic war eine Driver's Watch mit einzigartiger Rollenanzeige. Heute sind funktionierende Uhren teuer und selten und gelten als technische Sorgenkinder. Dazu kommt, dass man wohl nur schwer jemanden findet, der dieses Werk repariert oder revidiert. Ersatzteile dafür gibt es nicht mehr. Hier eine ausführliche Beschreibung der Uhr, der Autor ist auch Ebay-Händler und hat gelegentlich eine im Angebot:
www.crazywatches.pl/derby-swissonic-jaz-esa9176-jump-hour-1975

Aber zum Glück gibt es ja die Chinesen. Seit ein paar Jahren ist das günstige Quarzwerk Q2382  der Centre Way Co Ltd (Hongkong) auf dem Markt. Es gibt zahlreiche Uhren verschiedener Marken damit. So kann man sich heute für wenig Geld eine Uhr mit einer solchen Rollenanzeige kaufen. Ich habe zwei 'Skmei 1531' für je ca. 20 bis 25 Euro gekauft. Beide funktionieren seit Jahren tadellos.
uhrforum.de/threads/skmei-1531-the-drum-...e-way-co-ltd.428958/

Auf Facebook wird mir sehr oft Werbung hierfür angezeigt:
 

benlydesignwatch.com/de

Die kommen bestimmt auch aus China, wenn da überhaupt etwas kommt?

Ich sehe gerade, die zeigt sogar die Temperatur an

 

andi2 schrieb:

Das ist ein tolles Auto. Ein Kumpel von mir hatte so einen (ich glaube von 1971), super erhalten (zumindest optisch) in braun-metallisch mit schwarzem Kunstlederdach und Chrom-Radkappen. Der stand in einer Halle herum zum Herrichten, als das Gebäude geräumt werden musste, wanderte er leider in den Schrott - schade, schade.





 

Ich muss mal nachschauen, vielleicht finde ich noch ein Papierfoto von der Commode
Poste ich dann aber im passenden Thread

Dann muss ich auch nochmal kurz offtopic werden. In den 70ern - ich war wohl 10 Jahre alt oder so - fuhr mein Onkel das Topmodell dieses Modells, einen Commodore B GS/E. Der ging gut ab, damals war das eines der schnellsten Fahrzeuge auf Deutschlands Autobahnen.

Dann bin ich mal gespannt auf den Commodore, das A-Modell hatte ein edles Design, vor allem als Coupé (das B-Modell war dann designmässig die Proll-Variante).

Was diese anderen Driver's Watches mit LED oder LED-ähnlichem Display betrifft, die momentan im Handel sind: Da findet man einiges bei AliExpress, möglicherweise auch genau dieselben Modelle, für die @Dirk Werbung bekommt. Wie ich sehe, u.a. von Benyldesign, die einige ausgefallene Kreationen aus China so vermarkten, als hätten sie die Uhren selbst entworfen. Die chinesischen Hersteller posaunen ihre Urheberschaft ja leider nicht gerade in die Welt hinaus, sondern sie bleiben lieber inkognito und produzieren Chargen, die für Fremdfirmen gelabelt werden. Oft ist es alles andere als einfach, herauszubekommen, wer der Hersteller einer Chinauhr ist. 

So ist es auch hier bei der China-'Digitrend'. Ich habe ein wenig recherchiert, aber noch nicht herausbekommen, wer für dafür verantwortlich ist.

In den USA und im englischsprachigen Raum ist eine Firma namens 'California Watches' aktiv, sie betreiben eine Webseite namens 'californiawatch.com'. Dort wird diese China 'Digitrend' unter dem Namen 'CA PCH Driver's Watch' vermarktet, der Boden trägt eine Lasergravur 'CA' für California Watches. So kommt es, dass in englischsprachigen Foren der Eindruck entsteht, dies sei der Hersteller. Der Preis bei California Watches ist rund doppelt so hoch wie bei Aliexpress.
Hier einmal ein kurzer Thread von 'Watchuseek':
www.watchuseek.com/threads/back-to-the-f...ifornia-pch.5538312/
Und hier die Verkaufsanzeige von 'Californiawatch.com':
www.californiawatch.com/products/pch-dri...r-black-silver-watch

Es gibt auf Youtube auch ein ultrakurzes Werbevideo mit der 'Digitrend' im CA-Mäntelchen, gepostet von einem (US-amerikanischen?) Uhrenhändler (bei ihm kostet die 'Digitrend' am Gummiband 249 $):


Aber wer der wahre Hersteller ist, weiss ich immer noch nicht. Mal sehen, ob ich noch darauf komme. Wer gern Detektiv spielen will, ist herzlich willkommen, selber mal zu fahnden.

Übrigens ist dies nicht das erste Mal, dass nach dem Vorbild der 'Amida Digitrend' eine Driver's-Scheibenuhr mit Prismenglas, spiegelbildlich bedruckten Scheiben und springender Stunde entstand.
Die hochpreisige Edelmarke 'MB&F' brachte etwa 2013 eine Edel-Digitrend unter der Modellbezeichnung 'MB&F HM5 RT' heraus, die im Grunde genau wie die Ur-Digitrend aufgebaut war, mit einem mechanischen Automatic-Kaliber. Der Preis für die Goldvariante betrug 82'000 $, es gab sie auch in Edelstahl, dann wohl etwas "günstiger":
www.ablogtowatch.com/mbf-hm5-rt-gold-watch/

Gruss Andi

andi2 schrieb:

Dann bin ich mal gespannt auf den Commodore, das A-Modell hatte ein edles Design, vor allem als Coupé (das B-Modell war dann designmässig die Proll-Variante).

Ja, da gehen die Meinungen schon immer auseinander. Selbst damals während meiner Ausbildung zum Kfz-Mechaniker gab es öfter mal heiße Diskussionen, ob Rekord C/Commodore A die schönere Karosserie haben oder eher Rekord D/Commodore B. Mir gefallen beide sehr gut. Das ältere Modell eher amerikanisch angehaucht, das Jüngere eher italienisch. Aus beiden kann man übrigens schöne Lowrider bauen

Die hochpreisige Edelmarke 'MB&F' brachte etwa 2013 eine Edel-Digitrend unter der Modellbezeichnung 'MB&F HM5 RT' heraus, die im Grunde genau wie die Ur-Digitrend aufgebaut war, mit einem mechanischen Automatic-Kaliber. Der Preis für die Goldvariante betrug 82'000 $, es gab sie auch in Edelstahl, dann wohl etwas "günstiger":
www.ablogtowatch.com/mbf-hm5-rt-gold-watch/

Die ist ja mal richtig geil! Da würde ich sofort zugreifen, wenn so etwas zu einem etwas christlicherem Kurs angeboten würde. Das Design erinnert an das Heck eines italienischen Supersportwagens mit Heckscheiben-Jalousie. Hach, jetzt hab ich das optische Äquivalent eines Ohrwurms

Nun  ja,  ob  eine  Temperaturanzeige  am  Arm  so  wirklich  Sinn  macht,  wage  ich  dann  doch  sehr  zu  bezweifeln!
Trotzdem  irgendwie  ein  verdammt  gutes  Design,  keine  Frage.
So  eine  SKMEI   "DRUM Watch"  habe  ich  auch,  lustiges  Teil,  aber,  das  Gerät  ist  sehr laut!  

Andreas schrieb:

andi2 schrieb:

Das ist ein tolles Auto. Ein Kumpel von mir hatte so einen (ich glaube von 1971), super erhalten (zumindest optisch) in braun-metallisch mit schwarzem Kunstlederdach und Chrom-Radkappen. Der stand in einer Halle herum zum Herrichten, als das Gebäude geräumt werden musste, wanderte er leider in den Schrott - schade, schade.







 

Ich muss mal nachschauen, vielleicht finde ich noch ein Papierfoto von der Commode

Poste ich dann aber im passenden Thread

Danke dir Andreas, dass du auf das On - Topic aufmerksam machst. Hat nämlich für alle Gültigkeit  (Dieser kritische grüne Kopf wird ja von jemand hier bevorzugt behandelt!)
 

@Fritz:
Dir sind die Rollenmotoren bei dem 'Q 2382 Centre Way' zu laut? Dann hast du aber noch gute Ohren (ich kenne junge Leute, die hören durch den halben Raum das Ticken meiner Taschenuhren und nerven sich daran). Die Technik bei dem Werk ist schlau: Das ist eigentlich ein Solid-State-Werk wie bei einer digitalen LCD-Uhr, aber mit 3 identischen Rollenmotoren statt eines LCD-Displays. Die Rollen werden vom Uhrwerk getrennt angesteuert - es gibt da also kein Getriebe oder Räderwerk, wo die Bewegung der einen Rolle die Bewegung der nächsten Rolle steuert usw. Die Technik der Rollenanzeige ist beim Q 2382 also völlig verschieden als damals bei dem ESA-Werk in der 'Derby Swissonic'.

Bei dieser neuen 'AliExpress Digitrend' wurde auch ein ähnlicher, neuer Weg bei der Steuerung der beiden Scheiben (Minutenscheibe kontinuierlich laufend, Stundenscheibe springend) gewählt. Während bei der alten 'Amida Digitrend' die Stundenscheibe durch die Minutenscheibe weitergeschaltet wurde, wird nun beim Quarzwerk der 'Aliexpress Digitrend' die Stundenscheibe mit einem eigenen Motor vorwärts bewegt. So brachte man den Stundensprung zustande.
Das geht nämlich nicht mit einem herkömmlichen analogen Quarzwerk, bei dem man einfach den Stunden- und Minutenzeiger durch Scheiben ersetzt. Auf diese Weise kann man nur Scheibenuhren bauen, bei denen beide Scheiben (also auch die Stundenscheibe) kontinuierlich laufen, wie es die Zeiger tun würden. Für einen Stundensprung bzw. das stündliche Weiterschalten der Stundenscheibe braucht es nämlich zusätzliche Kraft  - und die steht in einem analogen Quarzwerk nicht zur Verfügung. Deshalb findet man sonst auch keine Quarz-Scheibenuhren mit Stundensprung.