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Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

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Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

13 Nov. 2022 03:32 - 13 Nov. 2022 05:02
#14746
1. Kapitel

Das große Unglück

„Sauwetter verfluchtes“, schimpfte Admiral Sir Shovell an Bord der „Assoziaton“ über den Nebel und Dauerregen, der seiner Flotte schon zwölf Tage unerbittlich zusetzte. Nach siegreichen Gefechten mit der französischen Mittelmeerflotte vor Gibraltar war er mit seinen 
15 schwerbewaffneten Schiffen auf den Weg heimwärts nach England. Sie waren ein Teil der „Royal Navy“ der königlichen Flotte, die an allen Krisengebieten für „Law and Order“ zu sorgen hatte, oder besser gesagt das, was der König, bzw. der Flottenbefehlshaber darunter verstand!
Man schrieb das Jahr 1707 und die Sorge war sehr groß, den heimatlichen Hafen sicher zu erreichen. Tagelang herrschten Sturm-Regen-und heftige Windboen und machten eine genaue Positionsbestimmung unmöglich! Shovell knöpfte sich die Navigationsoffiziere nochmal vor, mit den Befehl den Kurs abermals richtig abzustecken, denn die Scilly-Inseln waren ein gefährliches Gebiet voller Untiefen, Felsen und Riffe. Und so manchen Schiff wurden sie zum Verhängnis, denn es war nur allzu bekannt, dass die Schiffe die von Südwesten in den englischen Kanal einliefen, zu weit nördlich abdrifteten.
Dementsprechend lief ein Lotsenschiff aus Portsmouth aus um der Flotte den sicheren Heimweg zu zeigen. Die „Tartar“so der Name des Lotsenbootes mußte aber unverrichteter Dinge wieder umkehren.

Was war geschehen?

Der Konvoi der 15 Schiffe setzte seinen Kurs -in der übereinstimmenden Meinung wir sind auf den richtigen Weg-immer weiter nördlich fort, vorbei an der Bretagne, zu den Scilly-Inseln, und damit zum sicheren Heimathafen.
Ein Matrose der niederen Chargen, der seit Tagen eigene Positionsbestimmungen durchgeführt hatte, in großer Sorge dessen. was die hohen Herren alles machten zur richtigen Kursbestimmung, sah das kommende Verhängnis voraus, und sich über alle Befehle hinwegsetzend, versuchte er Offiziere und letztendlich sogar Sir Shovell  von der Gefahr zu warnen. Dies war in der königlichen Marine strengstens verboten, und wurde als Befehlsverweigerung geahndet, unerlaubte Eigenmächtigkeiten nannte man das! Und er mußte es bitter büßen!
Er wurde an der höchsten Ra aufgeknüpft! 
Hätte der Admiral nur auf ihn gehört!
Inzwischen war Angst und Schrecken an Bord der Schiffe ausgebrochen. Die Lotmessungen ergaben, die Schiffe hatten immer weniger Wasser unterm Kiel und das Verhängnis begann seinen grausamen Verlauf!
Die Position in Bezug auf die Scilly-Inseln war falsch berechnet worden!
Zuerst traf es das Flagschiff, die „Association“,ein gurgelnder Hundertköpfiger Todesschrei, dann war das Schiff innerhalb weniger Minuten im Meer versunken, die schwere Bepanzerung mit den vielen Kanonen trug das ihre noch dazu bei. Die „Eagle“ und die „Romney“ hatten ebenfalls keine Zeit mehr zu reagieren, messerscharfe Felsen fraßen sich in den Kiel und die Schiffsplanken und brachten ebenfalls beide Schiffe in kürzester Zeit zum untergehen und damit insgesamt 1450 Seeleute in das nasse Grab.
Es war die größte Schiffskatastrophe des 18. Jahrhunderts und zugleich einer der größten Unglücke der Royal Navy.
Nur zwei Männer wurden an Land gespült, der Admiral selbst und ein Matrose. Der total entkräftete und geschwächte Sir Clowdesley Shovell, der noch am Leben war, wurde von einer Strandräuberin getötet und seines goldenen Smaragdringes beraubt, sie beging den verhängnisvollen Fehler, ihn in der Öffentlichkeit zu zeigen, der Galgen war die Belohnung dafür!

Hier das Bild der „Assoziation“, nach einen Kupferstich, eines der gesunkenen Schiffe:
 

Admiral Sir Cloudesley Shovell, der Befehlshaber der Flotte:


Fortsetzung in Kürze:
„Das Pulver der Sympathie“, und wie ein einfacher Tischler das hohe, königliche  „Longitude-Act Gremium“ zum ungläubigen Kopfschütteln veranlasste!
Gruß Paul
Letzte Änderung: 13 Nov. 2022 05:02 von grafkrokolinsky.

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Re: Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

14 Nov. 2022 01:53 - 14 Nov. 2022 04:34
#14759
2. Kapitel

Breiten-und Längengrade

Die Erde ist bekanntlich in ein Gitternetz eingeteilt, die Längen-und Breitengrade, dazu der Äquator, der sich durch seine Position zur Sonne, Mond und Planeten ergibt, diese stehen fast senkrecht über den Betrachter.
Der Nullmeridian dagegen ist eine reine politische Entscheidung, er geht von Greenwich aus.
Darin ist allein schon der Unterschied zwischen Längen-und Breitengrad zu sehen! Der Breitengrad wird von den Naturgesetzen definiert, während der Längengrad sich beliebig verschieben läßt! Aufgrund dieser Unterschiede ist es daher sehr leicht, die Bestimmung der Breite festzulegen, dagegen die Längenbestimmung ein Riesenproblem (zumal auf See) ist, ein Problem dass die klügsten Köpfe der Welt vor ein fast unlösbares Rätsel gestellt hat. Der Urmeridian=Null-Längengrad wurde von den Karthographen immer wieder verschoben, Rom, Kopenhagen,Pisa, Paris, St. Petersburg, u.s.w. bis man sich auf das königliche Observatorium in Greenwich einigte.
Rekapitulieren wir also nochmals den Unterschied von Breiten-zu Längengraden, die Breitenkreise haben durch die Erdrotation eine physikalische Bedeutung, während die Längenkreise eine rein willkürliche Einteilung haben!

Hier die Erde, mit den Wendekreis des Krebses und des Steinbockes, diese werden wiederum von der Sonne bestimmt, nördliche  und südliche Grenze der (scheinbaren) Sonnenbahn, Breiten-und Längengrade und Nullmeridian.
Schon 150 n. Ch.  hatte Ptolemäus diese Linien auf den Blättern seines Weltatlas eingezeichnet.


Weiter zum Breitengrad, fast jeder kann die geographische Breite mit Zuhilfenahme des Sextanten, der Sonne, Nordpolarstern, bzw. durch Ermittlung der Höhe der Gestirne über den Horizont ermitteln. Christoph Columbus fuhr in einer geraden Linie über den Atlantik, immer den Breitengrad entlang, und was entdeckte er, Amerika! Er währe fraglos bis nach Indien gekommen, wäre ihm nicht Amerika dazwischen gekommen.
Dagegen beruht die Bestimmung des Längengrads auf eine Zeitmessung. Um auf See die geographische Länge zu ermitteln, muß man zwei Zeiten kennen, einmal die Heimathafenzeit und einmal die aktuelle Bordzeit, bzw. den Ort der in der Nähe des Schiffes ist, heute kein Problem mehr mit entsprechenden (Armband) Uhren, die zwei Zeiten anzeigen.
Hier die entsprechende Skizze zur Verdeutlichung:


Den Zeitunterschied kann der Navigator in den entsprechenden geographischen Abstand übersetzen. Da die Erde für eine vollständige Umdrehung von 360 Grad vierundzwanzig Stunden benötigt, legt sie in einer Stunde ein Vierundzwanzigstel, bzw. 15 Grad zurück.
Ein Zeitunterschied von einer Stunde zwischen Ausgangspunkt und tatsächlicher Lage, entspricht also einer Entfernung von 15 Grad östlicher, oder westlicher Länge. Am Äquator bedeuten 15 Grad etwa 1000 Meilen, nördlich oder südlich nimmt der Meilenwert eines jeden Grades ab. Ein Grad geographischer Länge entspricht überall auf der Welt vier Minuten, aber in Entfernung ausgedrückt, schrumpft ein Grad von 68 Meilen am Äquator auf annähernd Null an den beiden Polen.
Soweit für heute, mit der Verdeutlichung der Probleme, die die Seefahrt in den vergangenen Jahrhunderten hatte, bis, ja bis……

Nächstes Kapitel: 
‚Die Zusammenkunft der „Longitude - Act Experten“, darunter Sir Neville Maskelyne, seines Zeichens kgl. Hofastronom ( mein besonderer „Freund“), Sir Isaac Newton, Experte für Gravitation,  Sir Edmonton Halley (nach ihm wurde der berühmte Komet benannt) und noch eine Menge anderer erlauchtester Persönlichkeiten! Sir Maskelyne, ein von der „Monddistanz“ besessener und verbohrter Mensch, ließ nichts anderes an sich heran, sein Credo, wenn es den Mond gibt, zu was brauchen wir da Uhren? Das mußte besonders ein Mensch büßen, fast vierzig lange Jahre…..  “Zu was brauchen wir „Mechaniker“, wenn es doch die kgl. Hofastronomen gibt?“
Aber jetzt lieber Schluss für heute, sonst verrate ich schon zuviel!

 
Gruß Paul
Letzte Änderung: 14 Nov. 2022 04:34 von grafkrokolinsky.

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Re: Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

15 Nov. 2022 01:55 - 15 Nov. 2022 04:36
#14763
3. Kapitel

„Das Pulver der Sympathie“



Das britische Empire mit seinen Ländereien und Kolonien und den Hauptschifffahrtsrouten um 1850


Vorwort
Um die ganze Situation rund um die eminent wichtige Längenbestimmung auf See besser verstehen zu können, der ganze Handel spielte sich damals auf den Wasserstraßen der Weltmeere ab. Auf Land waren die Wege (den Begriff Straßen gab es noch gar nicht) völlig unzureichend für den Transport irgendwelcher (schwerer) Güter, und wenn, dann wurden diese im Schneckentempo durch Pferde mühsam von Ort zu Ort gezogen, oder an Flüssen und Kanälen entlang. Man stelle sich heutzutage vor, den ganzen Güterverkehr auf Schiene und Straße würde es nicht geben, undenkbar. So war es aber vor noch nicht allzu langer Zeit.
Gewürze, wie Pfeffer, Muskat, Ingwer und dergleichen mußten tausende Kilometer, besser Seemeilen, größtenteils aus Westindien herangeschafft werden. Pfeffer und Salz wurden in Gold aufgewogen, und waren kostbarer als dieses! Muskat, Nelken oder Zimt, waren mehr als ein Würzmittel, sie waren ein Statussymbol, bedeutenden Macht und Reichtum. Gewürze wurden als Bargeld benutzt.
Dies als Verdeutlichung der Situation der Schifffahrt zu dieser Zeit, 17.und 18. Jahrhundert. Der Verlust einer Ladung bedeutete immense Einbußen!
Und dies war leider viel zu oft der Fall durch die ungenaue Positionsbestimmung auf den Weltmeeren. Dies alles heute kein Problem mehr, dank Funk und GPS!

Nun weiter in meiner Erzählung, als ein typisches Problem, mit den die Longitude-Commission konfrontiert wurde:

Lautes Lachen dröhnte durch die ehrwürdigen Mauern des kgl. Observatoriums von Greenwich, das wissenschaftliche  Kollegium tagte wieder, um über neue Vorschläge zur genauen Längenbestimmung zu beraten.
Diesesmal war aber auch ein skurriler, die Phantasie übersteigerter Vorschlag eingegangen:
Von nun an genannt „das Pulver der Sympathie“! (Für die Tierfreunde unter uns, wird es kaum „Sympathie“ erwecken, da bin ich mir ziemlich sicher!)
Es entfaltete seine Heilkraft angeblich über große Entfernungen hinweg. Der Erfinder des „heilenden Pulvers“  war von seiner Idee so besessen und überzeugt, dass er gleich eine große Summe des Preisgeldes für sich einforderte!
Nun auf was beruhte das Ganze?
Man mußte das „heilende Pulver“ auf einen Gegenstand eines Kranken auftragen, auf ein Stück Wundverband z. B. Dieses Pulver bewirkte dann ein rascheres Heilen. Das Ganze hatte nur einen Nachteil, wenn man dieses benutzte, um es auf etwas zu streuen, so schrie der Kranke vor Schmerzen auf, und war er noch soweit entfernt. (Heute würde man Telepathie dazu sagen)

Nun, wie könnte man das zur genauen Positionsbestimmung eines Schiffes verwenden?

Man bringt ganz einfach einen verletzten Hund an Bord eines Schiffes, das den Hafen verlässt.
Eine vertrauenswürdige Person bleibt an Land zurück, diese wird beauftragt genau um die Mittagszeit einen benutzten Verband des Hundes  in die „Sympathie Lösung“ zu tauchen, der Hund wird darauf vor Schmerz aufheulen, und damit den Kapitän das genaue Zeitsignal übermitteln, die Sonne steht im Zenith von London! Der Kapitän kann nun diese Ortszeit mit der Bordzeit vergleichen und damit seine Position errechnen!
Dieses „Verfahren“ funktionierte natürlich nur, wenn es auch über große Entfernungen angewendet werden konnte, und der Hund durfte während der ganzen Reise nicht gesunden!
Das heißt der Hund mußte auf einer längeren Fahrt immer wieder auf das Neue verletzt werden, da die alte Wunde ja zusehends verheilte!
Der Urheber dieser mehr als absurden Idee argumentierte, es sei auch nicht schlimmer den Hund immer wieder zu verletzen, als dass der Seemann zum Zwecke der Navigation auf einen Auge erblindet!
So unrecht hatte er damit nicht, denn fast alle Kapitäne mußten vor der Erfindung des Sextanten in die pure Sonne starren, und erblindeten dabei auf einen Auge! 
Ich glaube, man braucht über diesen hanebüchenen Unsinn nicht viele Worte oder Gedanken verlieren, so dachte auch das Komitee, und so wurde dieses einstimmig abgelehnt!
Gruß Paul
Letzte Änderung: 15 Nov. 2022 04:36 von grafkrokolinsky.

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Re: Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

16 Nov. 2022 01:22 - 16 Nov. 2022 04:07
#14773
4. Kapitel

Umberto Eco, „die Insel des vorigen Tages“ und das Längengradproblem!

Umberto Eco dürfte den meisten bekannt sein, durch seine Bücher, halb Sachbuch, halb Belletristik, vor allem sein Erstlingswerk „Der Name der Rose“ erreichte ungeahnte Auflagen und wurde verfilmt, ebenso sein zweites Werk, „das Foucaultsche Pendel“. „Die Insel des vorigen Tages“ sein drittes Buch war dagegen sehr umstritten, und teilweise wegen seiner im „Barockstil“ schwülstigen Schreibweise von den Kritikern „zerrissen“ worden. Von Eco wurde aber bewusst diese Schreibweise gewählt. Er geht darauf u.a. auch auf das Längengradproblem ein:
ich zitiere hier wörtlich aus seinen Buch:
„Zunächst werde ein Hund vor Antritt der Reise mit einen Messer verwundet. Der Hund gehe mit auf die Reise, das Messer bleibe im Heimathafen. Dann werde im Heimathafen genau zur Mittagszeit Waffensalbe auf das Messer aufgebracht, was Aufgrund einer übernatürlichen Verbindung zwischen Waffe und Wunde den Hund wegen des Schmerzes an Bord aufheulen läßt, und der Schiffsbesatzung kund tut, dass im Heimathafen Mittag ist“

So, genug der „fiktiven“ Peinigung und Quälerei der Hunde, wenden wir uns wieder erbaulicheren und interessanteren Themen zu. Ich wollte hiermit bloß zum Ausdruck bringen, das sich auch ernsthafte Schriftsteller mit der schwierigen Thematik und damit verbundenen nebulösen Lösungsmethoden der Navigation in vergangener Zeit beschäftigt haben.
Ein von ernsthaften Wissenschaftlern eingebrachter Vorschlag lautete, in gleichmäßigen Abständen Schiffe im Meer zu verankern, die mehrmals täglich durch abgebende Böllerschüsse bei der Positionsbestimmung helfen sollten. Dieses Verfahren war auf See nicht anwendbar, allein schon wegen der Tiefen, für die die Längen der  Ankerketten nicht vorgesehen waren.
Weitere  Methoden waren „astronomische Bestimmungen“, wie z. B. die „Jupitermonde-Bestimmung“, der Mond selbst, die Mondfinsternis, die Monddistanzmethode, und noch vieles andere mehr.
Auf dies alles detaillierter einzugehen, würde den Rahmen des Forums sprengen, (schließlich heißt ja unser Credo „Chinauhren“, obwohl sich diese Thematik teilweise schon auf andere Schwerpunkte, auch „Nebenschauplätze“genannt, verlagert hat) und schließendlich den Leser ermüden, Danke übrigens, wer mir bis hierher gefolgt ist, aber um diese Problematik, für die Schifffahrt so teilweise lebenswichtige Längenbestimmung, verständlicher zu machen, mußte ich weiter ausholen, sprich etwas in‘s Detail gehen. Obwohl das von mir geschilderte nur ein Teil der Realität war.

Der Londoner Uhrmacher John Arnold vereinfachte und konstruierte das von John Harrison entwickelte Chronometer so um, dass es wesentlich billiger und vereinfachter wurde, und so in die „Massenfertigung“ gehen konnte. Trotzdem dauerte es noch Jahrzehnte bis es zur alltäglichen Schiffsausrüstung gehörte. Der Sextant und die Mondtabelle waren noch lange Zeit die üblichen Navigationswerkzeuge der Schiffe. John Arnold entwickelte u. a. die Chronometerhemmung und die temperaturkompensierte Unruh.
Hier ein Bild seines späteren Schiffschronometer, mit der Innenansicht des Werkes.





Hoffe, in der nächsten Folge zu Ende zu kommen, und damit auf John Harrison und sein Lebenswerk näher einzugehen!
Gruß Paul
Letzte Änderung: 16 Nov. 2022 04:07 von grafkrokolinsky.

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Re: Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

18 Nov. 2022 01:57 - 18 Nov. 2022 05:52
#14796
Ein paar Sätze in eigener Sache:

Als ich diesen Thread hier startete, bin ich frohen Mutes unbedarft an das Ganze herangegangen.
Vor allem der „Schuft“ Maskelyne, seines Zeichens kgl. Hofastronom, ließ mir die Zornesader auf der Stirne bedenklich anschwellen, war er doch angeblich der Hauptopportunist gegen die Pläne Harrisons!
Je mehr ich mich aber in die „elektronischen Archive“ hineinwühlte, umsomehr mußte ich feststellen, dass zum Teil sehr unterschiedliches aus diesen propagiert wurde. (Erinnert mich an diverse Tageszeitungen, jede mit einen anderen reißerischen Titel, jeder nach der Methode, wie heische ich die größte Aufmerksamkeit.) Das „Sachbuch“ das ich zur Hand hatte und habe, entspricht in vielen nicht den realen Ereignissen wie sich immer mehr herausstellte. Was tun? Nun ich bin kein Typ der gerne abschreibt, aber Fakten die vorgegeben sind, sie dienen als Leitfaden, bzw. Richtlinie, an die man sich halten sollte. Ähnlich einen festen Haus, dass ein solides Fundament braucht. Mag dann oben noch so vieles verschnörkeltes sein.
Ich wollte eigentlich die wirklich spannende Geschichte mit den „Longitude Act“ und John Harrison mehr in erzählerischer Form gestalten, 
aber ich habe größtenteils vor den riesigen Ausmaß dessen kapituliert, was man unter anderen unter  „historische Meßmethoden“ vor ein paar hundert Jahren verstand. Vor allem aber zu den ganzen technischen Teil, sei es die umfangreichen Methoden zur Längengradbestimmung bevor Harrison seinen „Time Keeper“ in der letzten und ausgereiftesten Form präsentierte.

Nochmals die Mond-Distanz-Methode

Die „Monddistanz- Methode“, dazu muss man wissen, das viele Observatorien, auch das von Greenwich,  nur zu den Zwecke erbaut wurden, den Mondlauf so genau zu vermessen, dass präzise Monddistanzen auf Monate berechenbar waren!
Die Monddistanz Methode deshalb so wichtig, weil eine Messung seines Winkelabstandes zu einen hellen Fixstern in seiner Bahn eine gute Zeitreferenz erbrachte. Außerdem war sie die kostengünstigste, da ein Sexstant auf jeden Schiff zur Breitenmessung vorhanden war.
Und die dazugehörigen Distanz-Tafeln nur mehr vervielfältigt und verteilt werden brauchten.
Sir Neville Maskelyne (von mir ab nun an wieder Sir genannt) war nicht der „Bösewicht“, als der er u. a. verschrien war, seine Lebensaufgabe war die Mondtabellen zur letzten Vervollkommnung zu bringen,  da sie ja eminent zur Methode der Zeitfeststellung wichtig waren. Immerhin dauerte es fast vierzig Jahre bis Harrison den präzisesten Zeitmesser-auch von da an Chronometer genannt-der für die genaue Positionsbestimmung so lebenswichtig war, vollendete und in die Praxis gehen konnte, sprich Erprobung an Bord eines Schiffes.
 
Hier Harrisons Chronometer H5, die letzte und ausgereifteste Version, mit ein paar Sekunden Abweichung auf einer monatelangen Reise.


Harrisons erstes Werk, die H1
Sie beruhte auf den Prinzip der gegenläufig-gekoppelten Mechanik, deren Gangfehler bei schwankender Bewegung sich einander ausgleichen sollten. Mit dieser Uhr-Gewicht ca. 38 kg-reiste er 1828 (1730?)nach London, wurde dort von Edmonton Halley auf das herzlichste begrüßt, und sofort an George Graham weitergereicht, ebenfalls kgl. Hofastronom, er ermutigte ihn in seiner Arbeit weiterzumachen, und ihm sofort ein Darlehen für seine weitere Arbeit anbot!  Außerdem behinderte ihn Maskelyne ihn nicht im geringsten.
Die Behauptung, er wäre von den hohen Herren nur behindert worden, um das ausgelobte hohe Preisgeld nicht auszahlen zu müssen, und er wäre dünkelhaft behandelt worden, bzw. die Bedingungen wären laufend zu Ungunsten Harrisons geändert worden, entspricht nicht den Tatsachen, wie aus zuverlässigen Quellen und Archiven verlautet!
Über lange Jahre wurden Harrison immer wieder Teile des Preisgeldes ausbezahlt, über vierzig Jahre lang. Was beweist, dass die Behauptung er wäre über lange Jahre nur behindert worden, und die Bestimmungen willkürlich geändert worden, vollkommen widerlegt!
Zur H1, er entwickelte für diese eine völlig neuartige Hemmung, dass die Uhr dabei nicht in einen Stück und unkontrolliert ablief, dies war die „Grasshopper-Hemmung“. Die Technik der Hebel und Zahnräder war sozusagen schmierungsfrei, denn die Schmierstoffe damaliger Zeit richteten mehr Schaden als Nutzen an!
Die H1


Die H3


Die H2


Die H4
Gruß Paul
Letzte Änderung: 18 Nov. 2022 05:52 von grafkrokolinsky.
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Re: Tausende verdanken ihm ihr Leben, vom Tischler zum Genie!

19 Nov. 2022 03:18 - 19 Nov. 2022 05:00
#14815


John Harrison 1693-1776

Komme heute zum Abschluss 
Hier zu den vorhin gezeigten Uhren H1-H5 noch einige Erläuterungen

Die H1
Die Maße: B 70cm, H 63cm, T 45cm, Gewicht 34kg
Antrieb: Feder statt Gewicht, das auf See untaugliche Pendel wurde durch eine besonders gebaute Unruh ausgetauscht
Zwei gleich große Messingstangen schwingen im Sekundentakt gegeneinander und sind an den Enden durch Spiralfedern und mittig durch Stahlbänder verbunden. Dadurch soll jeder äußere Stoß der auf eine der Stangen einwirkt, durch eine Gegenkraft aufgehoben werden.
Erschütterungen können der H!  nichts anhaben!
Er erhält von der Kommission 250 Pfund dafür.

Die H2

Sie ist nur halb so groß wie die H1, allerdings fünf Kilo schwerer und wesentlich intelligenter konstruiert.
Wird statt einer Schnur mittels eines Schlüssels aufgezogen. Ein Zwischenaufzug bewirkt, dass bei der Übertragung der Antriebskraft und
bei Temperatur-und Luftdruck Veränderungen weniger Ungenauigkeit entsteht.
Für eine Testfahrt ist die Uhr aber völlig ungeeignet! Sie reagiert auf äußere Kräfte, hervorgerufen durch Zentrifugalkräfte, sehr ungenau.
Trotzdem erhält er 500 Pfund dafür.

Die H3

Harrison baut an dieser 19 (!) Jahre lang, und erfindet in dieser Zeit die Bi-Metall Unruhe, und den Vorläufer des heutigen Kugellagers,
nun läuft seine Uhr fast reibungslos und braucht keine Schmierung mehr! Sie ist 59 cm hoch und 43 kg schwer, aber trotzdem ist ihr Gang unpräzise. Die Unruhe besteht aus zwei gleich großen Rädern, aber es gelingt ihm nicht, eine Gleichheit zu erreichen. Die Ursache ist die Spiralfeder die die Schwingung steuert, und über deren physikalische Eigenschaft zu dieser Zeit noch nichts bekannt war!


Die H4

Um 1751 läßt er sich von einen Uhrmacher eine Taschenuhr bauen, die er entsprechend umändert.
Die Unruh sieht er als liegendes Rad vor, das schwerer ist als die herkömmlichen, kann daher mehr Bewegungsenergie speichern, und 
die Schwingung ist 5mal pro Sekunde! Dadurch eine wesentlich bessere Ganggenauigkeit!
Nun wird es Harrison klar, weg von den großen Ungetümen, die richtige Uhr muß eine Taschenuhr sein mit besonders schnell schwingender Unruh!

Die H5

1755 beginnt er an dieser zu bauen, seine Unruhe schwingt jetzt 300 mal pro Minute, als Lager kleine Diamanten, Bi-Metall Unruhe, als Hemmung kleine Diamanten, die als Haken in die Zähne des Räderwerks greifen, bis heute noch ein Rätsel wie er diese Präzisionsteile geformt hat!
Darüber ein Doppelgehäuse aus Silber, dann ist seine Uhr fertig, 13 cm Durchmesser und 1450 Gramm schwer.
Nun geht es mit den Schiff nach Jamaika und zurück, die Abweichung in 147 Tagen 1 Minute und 54 Sekunden. Damit ist die Uhr wesentlich präziser als im Longitude Act gefordert. Man verweigert ihm aber das zustehende Geld, Harrison wendet sich an George den III.englischer König. Dieser erwirkt das ihm das zustehende Preisgeld ausbezahlt wird! Insgesamt 23 000 Pfund.
1776 stirbt Harrison mit 83 Jahren.

Tja, hätte Harrison und das Längenkomitee diese Uhr (Quarz-Chronometer) schon gehabt, sie hätten wesentlich weniger Sorgen, Probleme, Ärger und damit verbunden auch Menschenleben gehabt, aber bis dahin mußten fast noch zwei Jahrhunderte vergehen.

Gruß Paul
Letzte Änderung: 19 Nov. 2022 05:00 von grafkrokolinsky.
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