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Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

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Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

15 Apr. 2023 20:47
#16442
Es wird Zeit, mal wieder eine Uhr zu zeigen. Es ist wieder eine Taschenuhr. Ich habe sie bereits ein paar Jahre und sie leistet mir immer wieder gute Dienste, denn nach einer Werksrevision läuft sie sehr gut und genau. Uhren mit Leuchtzifferblättern waren eine Neuheit und sehr in Mode in den 1910ern und 20ern. Auch in den 30ern findet man Leuchtmasse auf den meisten Herrenarmbanduhren.



Ich habe ein Pärchen von Uhren mit typischen frühen Emaille-Leuchtzifferblättern, eine Armbanduhr von ca. 1916 im Silbergehäuse mit Werk von Marc Favre und eine «Billian»-Taschenuhr von 1921 mit Eterna-Werk. Ich habe beide äusserlich aufgearbeitet und revidieren lassen. Heute soll es um die Taschenuhr gehen. 



Als ich sie damals bei Ricardo entdeckte und kaufte, sah sie nicht gerade hübsch aus, hier ein Angebotsfoto aus dem damaligen Angebot, deshalb bekam ich sie sehr günstig, ich glaube, soweit ich noch weiss, gab es kein anderes Gebot als meines. Aber ich sah da Potential und wurde nicht enttäuscht. Ich habe sie äusserlich aufgearbeitet, d.h. Zifferblatt, Zeiger und Gehäuse - das Werk habe ich dem Fachmann überlassen, es bekam eine Revision von einem mit Taschenuhren jedes Alters sehr versierten Uhrmachermeister.







So sieht sie nun aus, ich bin zufrieden. Das Zifferblatt trägt die Beschriftung ‘Billian Zürich’. Billian war ein Uhrenhändler mit einem grossen Ladengeschäft in Zürich. Es tauchen immer wieder Uhren verschiedener Schweizer Hersteller mit ‘Billian’-Zifferblatt auf, nicht nur Taschenuhren, sondern auch Wecker und andere Grossuhren, wahrscheinlich gibt es auch ‘Billian’Armbanduhren.
Es war im späten 19ten und frühen 20sten Jahrhundert nicht unüblich, dass Uhrenhändler solche Zifferblätter mit eigener Beschriftung führten.
Zeiger und Zifferblatt habe ich abgenommen, von alten Leuchtmasseresten befreit und mit neuer, selbst gemischter Leuchtmasse belegt.

Die Leuchtmasse mische ich aus ‘Lumentics’-Leuchtpulver (grün) und dem wasserlöslichen Klebstoff ‘Uhu Flinke Flasche’. Das Produkt ist empfehlenswert, weil es preiswert ist, und auch sehr gleichmässig feinkörnig (angegeben werden 56 Nanometer Partikelgrösse).

www.ebay.ch/itm/lumentics-Leuchtpulver-N...0&ufes_redirect=true

Man kann das dann mit Aquarellfarbe oder Schulmalfarbe aus dem Farbkasten einfärben, ich nehme ‘Faber-Castell Aquarellfarbe’, z.B. mische ich bräunlich-orange, um das Aussehen von gealterter Radium-Leuchtmasse zu imitieren. Ohne Anfärben wirkt die Leuchtmasse weisslich mit ganz leichtem grünlichem Ton.
Das Leuchtpulver auf der Basis von Strontiumaluminat entspricht genau dem bekannten ‘Luminova’ (Patent abgelaufen) und ist ungiftig und natürlich nicht radioaktiv. Es gibt solches Leuchtpigment, das in verschiedenen Farben leuchtet. Das grüne Leuchten entspricht dem Aussehen der früheren Radiumleuchtfarbe. Für moderne Uhren mag man wohl auch andere Farben wählen wollen, man sollte allerdings beachten, dass die anderen Farben i.d.R. nur kürzer nachleuchten.



Zum Aufbringen nehme ich einen Zahnstocher, den ich zusätzlich mit dem Japanmesser anspitze. Die dünne Spitze ist dann etwas biegsam. Man kann die Masse an den Rändern noch etwas zusammenschieben, um die Konturen zu treffen. Am wichtigsten ist eine gute Optik, ich habe Glück und benutze ein Stereomikroskop. Am nervigsten ist, dass die Partikel schwer sind und in der angerührten Masse absinken, man muss das also oft aufrühren.
Das Belegen von Zeigern ist einfach. Man steckt die Zeiger mit Unterseite nach oben auf Zahnstocher. Dann bestreicht man sie von unten (am besten in einem Zug) mit der Leuchtmasse. Zum Trocknen steckt man die Zahnstocher mit den Zeigern in einen Klumpen Rodico (Uhrmacherknete).
Die auf dem Emaille-Zifferblatt nachträglich aufgebrachten, hässlichen roten Stempelzahlen mit den Post-Meridiem-Stunden wollte ich auch loswerden. Die Farbe war äusserst widerstandsfähig, ich musste sie mühsam mit Hilfe von Autosol-Polierpaste und mit Hölzchen abrubbeln.



Das Gehäuse ist völlig glatt und schmucklos, mit abgerundeten Formen ohne Ecken und Kanten vom Typ ‘Handschmeichler’. Es hat vorn einen gepressten Glasrand und hinten zwei Scharnier-Klappdeckel.
Die Uhr ist recht gross mit einem Durchmesser von 54,2 mm und 15,8 mm dick.
Es gibt, ausser einer Seriennummer innen im äusseren Rückendeckel, keine weiteren Punzen oder Stempel, auch keine Materialangabe. Ich gehe aber davon aus, dass das ganze Gehäuse incl. Krone und Bügel aus Argentan (Neusilber) besteht. Das Gehäuse habe ich von Hand mit Polierpaste aufpoliert. Es sieht nun wieder fast aus wie neu. Der Bügel zum Anbringen der Uhrenkette war zu locker, ich habe ihn wieder verengt.





Das vergoldete Werk ist recht gross und hat 45,6 mm (20.25»») Durchmesser. Es ist ein Eterna-Kaliber, das man immer wieder sieht. Wie es scheint, gibt es keine Kalibernummer bzw. Kaliberbezeichnung dafür.
Es hat eine Kolbenzahnhemmung ‘a ligne droite’ (Schweizer Ankerhemmung), eine Schraubenunruh mit aufgeschnittenem bimetallischem Unruhreif und blauer Flachspirale, es gibt 15 Jewels, das zentrale Minutenrad hat nur Lager aus Metall. Es gibt einen Kronenaufzug, das Umschalten von Aufziehen zu Stellen erfolgt mit einer einfachen Kupplungsschaltung mit Drücker, d.h. man drückt mit einem Fingernagel den Drücker bei der Stunde 1 und hält ihn  gedrückt, währenddessen kann man an der Krone die Zeit verstellen. Beim Loslassen federt der Drücker zurück und die Uhr ist wieder in Aufzugstellung. Diese Methode war zum Entstehungszeitpunkt der Uhr schon recht altmodisch und weitgehend vom Aufziehen durch Kroneziehen verdrängt, das man bis heute nutzt.



Ich konnte das Alter der Uhr genau bestimmen (vorausgesetzt die Daten sind korrekt), denn auf der Seite ‘ www.schild-eterna.de/ ’ gibt es eine Liste zur Altersbestimmung, wo den Seriennummern Produktionsjahre zugeordnet sind.

Mein Uhrwerk trägt die Seriennummer 2026698. Demnach wurde das Werk 1921 produziert.



Gruss Andi
UTAMOH THUMO
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Re: Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

15 Apr. 2023 21:02 - 15 Apr. 2023 21:11
#16443
Hier noch eine Zusammenfassung von mir über Radium-Leuchtfarbe.

Leuchtfarbe, die im Dunkeln leuchtet, wurde kurz nach 1900 erfunden. Wie auch die Herrenarmbanduhr wurden Uhren mit Leuchtzifferblättern und Leuchtzeigern durch militärische Uhren des ersten Weltkriegs populär. In den ersten Jahrzehnten, d.h. bis zum Anfang der 60er Jahre, wurde radioaktive Leuchtfarbe eingesetzt, die aus einem Gemisch aus einem unsichtbar radioaktiv strahlenden Radiumsalz (Radiumcarbonat) und dem sichtbar leuchtenden Zinksulfid bestand (oft als Bindemittel Leinöl oder Gummi arabicum). Manchmal liest man auch, dass Radiumchlorid eingesetzt wurde.

Zinksulfid kann auch (wie die heute verwendeten modernen Uhren-Leuchtfarben) durch Sonnenlicht oder Lampenlicht angeregt werden und danach im Dunkeln eine Zeit lang nachleuchten (Phosphoreszenz). Das Problem ist, dass Zinksulfid nur schwach nachleuchtet und das grünliche Leuchten schon nach wenigen Minuten aufhört bzw. unsichtbar wird. Deshalb wurde Radium-226-carbonat beigemischt, ein Alpha-Strahler. Das Zinksulfid wird durch die ständig abgegebene Alpha-Strahlung permanent zum Leuchten angeregt (Radioluminiszenz), wodurch ein Ablesen der Uhr gewährleistet wurde. Alte Radium-Leuchtfarbe leuchtet in der Regel überhaupt nicht mehr, manchmal kann man durch Anstrahlen mit UV-reichem Licht (Schwarzlicht etc.) trotzdem in diesem Licht ein grünliches Leuchten des gealterten Zinksulfids bewirken. Obwohl die alte Radiumfarbe durch Veränderung des Zinksulfids nun nicht mehr leuchtet, ist sie immer noch radioaktiv, die Strahlung hat nicht einmal merklich nachgelassen, denn Radium-226 hat eine Halbwertzeit von ca. 1600 Jahren.

Durch das geschlossene Uhrgehäuse kann an sich keine Strahlung dringen, denn es handelt sich bei Radium 226 um Alpha-Strahlung, d.h. ganze Helium-Kerne aus je 2 Protonen und Neutronen werden abgesprengt. Diese können leicht abgeschirmt werden und nicht einmal ein Blatt Papier durchdringen. Auch bei den weiteren Zwischenprodukten der Radium-226-Zerfallsreihe entstehen nur Alphastrahler. Allerdings wird bei Messungen an geschlossenen Uhren nicht so selten trotzdem eine erhöhte Strahlung angezeigt. Dies kann dann eigentlich nur Gammastrahlung sein.
Dies spricht für eine Verunreinigung des Radiums-226 durch andere radioaktive Stoffe, z.B. andere Radium-Isotope. Eine gewisse Vorsicht beim häufigen Tragen solcher Uhren würde ich also walten lassen, besonders, wenn sie noch aus der Zwischenkriegszeit stammen, oder aus dem Ostblock (ich habe schon von abenteuerlichen Strahlungswerten bei russischen Militäruhren gelesen, aber finde diese Quellen nicht mehr).

Das Design der Leuchtzifferblätter änderte sich auch im Lauf der Jahrzehnte, es wurde weniger Leuchtmasse aufgetragen. Während am Anfang – wie bei meiner Billian - noch sämtliche Stundenzahlen ganz mit Leuchtmasse ausgefüllt wurden und breite Zeiger verwendet, ebenfalls mit viel Leuchtmasse, wurden in den 50er Jahren meist nur noch kleine Leuchtpunkte gesetzt und ein schmaler Leuchtstreifen in den Zeigern. 

Dies könnte im Zusammenhang stehen mit einer zunehmenden Sensibilisierung für die Gefahren des Radiums. Sehr bekannt ist die tragische Geschichte der ‘Radium-Girls’, von Zifferblatt-Malerinnen der US-Industrie. Ich zitiere da mal aus der Wikipedia: 

de.wikipedia.org/wiki/Radium_Girls
«Als Radium Girls wurden in den Vereinigten Staaten Fabrikarbeiterinnen bezeichnet, die sich bei der Arbeit eine Radiumvergiftung zugezogen hatten. Ihre Arbeit hatte darin bestanden, Zifferblätter von Uhren mit radioaktiver Leuchtfarbe zu versehen.
Die Frauen nahmen dabei gefährliche Dosen Radium auf, weil sie die Pinsel anleckten, um feine Linien ziehen zu können. ()

Viele erkrankten deswegen schwer, eine Anzahl von ihnen starb. Zwar war die Schädlichkeit von Radium ursprünglich nicht bekannt, aber die auffällige Häufung von Erkrankungen wurde über Jahre hinweg ignoriert und sogar vertuscht.
Allein im Jahr 1920 produzierten drei große amerikanische Hersteller vier Millionen Uhren mit radiumhaltigen Leuchtziffern. Die bekannteste der Fabriken befand sich in Orange, New Jersey und gehörte der United States Radium Corporation. Weitere ähnliche Fabriken verschiedener Unternehmen gab es im Bundesstaat Connecticut in Waterbury, Bristol, Thomaston und New Haven sowie in Ottawa, Illinois. In Connecticut starben 30 der verstrahlten Arbeiterinnen, in Illinois 35 und in New Jersey 41. Nach anderen Angaben waren es alleine in Ottawa 40 Todesopfer.
Fünf der Frauen aus New Jersey verklagten ihren Arbeitgeber. ()

Der Prozess endete im Frühjahr 1928 mit einem Vergleich. Jedes der Radium Girls erhielt 10.000 US$ (unter Berücksichtigung der Inflation entspricht dies heute 158.236 US$, dazu kamen eine lebenslange jährliche Rente von 600 US$ sowie alle Ausgaben für Ärzte und Anwälte. ()

In der Folge des Prozesses wurden die Sicherheitsstandards in der Industrie erheblich verbessert. Durch die Einführung von Arbeitsschutzmaßnahmen (Gummihandschuhe, Haarnetze, Luftabzugshauben, Verbot des Pinselanspitzens mit den Lippen) verbesserte sich die Lage der Arbeiterinnen enorm. Offiziell kam es bei keiner nach 1927 eingestellten Person mehr zu einem Strahlenschaden. Allerdings vermuten manche Forscher, dass es auch später noch zu Krebsfällen kam, die sich jedoch nicht mehr eindeutig auf die nun deutlich geringere Strahlenbelastung zurückführen ließen.»
 

Die Gefahr bei Radium und radiumhaltiger Leuchtfarbe entsteht vor allem bei Inkorporation, d.h. Aufnahme der Farbe durch Einatmen der Stäube oder Verschlucken von Partikeln. (Verschlucktes?) Radiumcarbonat wird vom Körper wie Calciumcarbonat (Kalk) behandelt und vorzugsweise in die Knochen eingebaut. Es entstehen typischerweise Knochenschäden und Knochenkrebs. Die Folgeschäden dürften bei Radiumchlorid etwas anders aussehen, da es sich wohl im Körper wie Natriumchlorid (Kochsalz) verhält (dazu habe ich nirgends etwas gelesen). Eingeatmete Leuchtmassepartikel dürften wohl in der Lunge verbleiben und direkt das umgebende Gewebe bestrahlen. 

Hier noch ein kurzer Auszug aus einer Veröffentlichung einer US-Universität. Der ganze Text war noch vor kurzem frei verfügbar, jetzt leider grossteils hinter einer Paywall. Das Publikationsjahr findet man nicht (ohne zu zahlen).

Demnach gab es Radium-Leuchtfarbe aus Radium-226-carbonat und Zinksulfid seit 1902. Als Bindemittel wurde oft Leinöl verwendet. Es gibt wohl auch ein US(?)-Patent, patentiert durch George Kunz für Tiffany & Co (Jahr?).

«Radio luminescent Paint »

Autor : Paul Frame, Oak Ridge Associated Universities ; Jahr :?

« Radio luminescent paint consists of a radioactive material mixed together with a luminescent crystalline powder. The first radioactive material to be used was radium-226 (Ra-226), but it hasn’t been employed since the 1970s, at least in the U.S. Today, tritium (H-3) and promethium-147 (Pm-147) are the radionuclides of choice. Other radionuclides have also been used, e.g., strontium-90 (Sr-90) and carbon-14 (C-14).
Zinc sulfide powder has been the most widely used luminescent material.» 

«The invention of radioluminescent paint can be attributed to William J Hammer who mixed radium with zinc sulfide (in1902), and applied the paint to various items including watches and clock dials. In a case of bad judgment, he failed to patent the idea. Recognizing a good opportunity, a gemologist at Tiffany & Company, by the name of George Kunz, did patent it. Kunz and Charles Baskerville, a chemist, made their paint by mixing radium-barium carbonate with zinc sulfide and linseed oil. (...)

At that time, at least in the US, radio luminescent paint saw little application. It stayed in the bottle. But in Europe, especially Switzerland, things were different. Quoting Ross Mullner «there were so many radium painters in that country that it was common to recognize them on the streets even on the darkest nights because of the glow around them: their hair sparkled almost like a halo.»

In the US, the first company to produce radio luminescent paint was the Radium Luminous Material Corporation in Newark New Jersey. It was founded in 1914»
 

2014 gab es in der Schweiz einen Umweltskandal, als rauskam, dass die Behörden seit 2012 geheim hielten, dass auf einer Baustelle in Biel grössere Mengen radioaktiver Leuchtfarbe gefunden worden war.

Die Presse reagierte mit einer Flut von Berichten.

Man kam auch darauf, dass man ‘vergessen’ hatte, einen Grossteil der ‘Uhrenateliers’ (meist Privatwohnungen), in denen mit radioaktiver Leuchtfarbe gearbeitet worden war, auf Kontaminationen zu untersuchen.
Als man dann suchte, fand man einiges. Gesucht wurde vorher nur dort, wo ab 1964 eine Bewilligung beantragt wurde. Vorher war der Umgang mit strahlender Leuchtfarbe bewilligungsfrei.
Wohl niemand weiss, wo das Zeug vor 1964 sonst noch verarbeitet und verteilt wurde.
Nach ein paar Wochen war der Pressesturm vorbei und man hörte nichts mehr über die Sache, ich konnte keine Berichte aus 2015 oder später finden.

So weit mir bekannt, soll die Uhrenindustrie der Schweiz nicht haftbar gemacht werden.

Hier mal 3 Presseberichte aus 2014, ich hoffe, die Links funktionieren noch:

www.tagesanzeiger.ch/bund-vergisst-radio...haeuser-451941758202

www.srf.ch/news/schweiz/in-den-uhrenstae...dioaktivitaet-weiter

www.20min.ch/story/500-gebaeude-sollen-m...ht-sein-495183028715
UTAMOH THUMO
Letzte Änderung: 15 Apr. 2023 21:11 von andi2.
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Re: Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

15 Apr. 2023 23:39
#16444
Vielen Dank Andi für die tollen Berichte und die ganzen Infos. Ich hatte zwar schon ein wenig über die Verwendung von Radium in der Leuchtmasse gelesen, aber hier wurde das alles nochmal anschaulich zusammengefasst.

Die Taschenuhr finde ich übrigens auch sehr schön und sie sieht nun ja fast wieder wie neu aus. Und ich hätte geschworen, dass die abgebildete Armbanduhr von der gleichen Firma stammt. Die beiden sehen ja aus wie Zwillinge :)
“There is more stupidity than hydrogen in the universe, and it has a longer shelf life.”
― Frank Zappa
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Re: Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

16 Apr. 2023 20:45
#16458
Danke, Tom!
Meine beiden Uhren haben das Aussehen von Militäruhren (die Armbanduhr kann man quasi als früheste Form einer Herrenarmbanduhr bezeichnen), allerdings beide ohne jeden Hinweis auf eine Nutzung als Dienstuhren, also privat genutzt. Sie hatten auch beide kein schweres Leben, sondern wurden pfleglich behandelt. Die glatten Gehäuse ohne Kanten kann man leicht wieder so aufpolieren, dass sie fast neu aussehen (ich poliere von Hand, nicht mit Dremel, und nur minimal, tiefere Kratzer bleiben). 
Diese Zifferblatt-Zeiger-Kombination mit den sehr grossen und fetten arabischen Stundenzahlen und das Zeigerpaar aus lanzettförmigem Minutenzeiger und Birnenzeiger für die Stunde war in den Anfangsjahren fast schon ein Standard-Design für Leuchtzifferblätter. Man findet es in quasi gleicher Form in Grossuhren, v.a. Weckern, Taschenuhren und Armbanduhren (Haste eine gesehen, haste alle gesehen). So könnte ich wohl früher oder später auch noch einen Wecker mit quasi identischer Zifferblatt-Zeiger-Kombi finden und aus den Design-Zwillingen Drillinge machen.
Die militärisch aussehenden Uhren waren in Mode und verbreitet bei Zivilisten, so wie heute der Typ Taucheruhr ja nicht nur von Tauchern getragen wird.
Taucheruhren, die als neuer Uhrentyp in den 1950ern zusammen mit dem neu entwickelten Flaschentauchen entstanden, brachten wieder neue Typen von leuchtmassereichen Uhren hervor. Bei den Zeigern wurde der ursprüngliche Typ aus Lanzett-Minutenzeiger und Birnen-Stundenzeiger aufgegriffen und variiert, man erkennt leicht den Zusammenhang bei den allgegenwärtigen 'Mercedes-Zeigern' (bei Eisenbahn- und Militärdienstuhren war diese Zeigerform i.d.R. vorgeschrieben, die Zeiger durften nicht ähnlich geformt sein, sondern mussten deutlich zu unterscheiden sein).

Gruss Andi
UTAMOH THUMO
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Re: Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

17 Apr. 2023 18:29 - 17 Apr. 2023 19:41
#16476
Zu dem Uhrwerk könnte man noch nachtragen, dass es von diesem 20''' Eterna (Schild Freres)-Kaliber mehrere Modifikationen gab. 

Hier nochmal das Werk in meiner Uhr:


Hier kann man mehrere Uhren mit ganz identischen Werken sehen wie in meiner Uhr, mit dem gleichen zweiteiligen Gesperr aus Sperrfeder von der einen und Sperrhaken von der anderen Seite des Sperrrades, beide mit je einer grossen Schraube befestigt (Linke Randspalte: Taschenuhren II, dort runterscrollen zu "Eisenbahneruhren".
www.schild-eterna.de/

Das hier gezeigte Werk hat als kleinen Unterschied ein anderes Gesperr, das fast ganz unter dem Sperrrad verborgen ist ohne eine sichtbare Schraube (Werksseite). Der Umschaltmechanismus mit Drücker (Zifferblattseite) ist gleich wie bei meiner Uhr.
Das Werk ist markiert mit der Schild Freres-Eterna Bildmarke: PROT in einem Kreuz.
Pocket Watch Forum: User @monozelle (13.10.2021): "Dicke Dienstuhr - Eterna... oder was?"
forum.pocketwatch.ch/viewtopic.php?f=1&t...4f914088516f#p119284
(Um das zu lesen, muss man sich als User in dem Forum anmelden)

Hier wurde eine (spätere?) Werksmodifikation mit einem anderen Umschaltmechanismus (Zifferblattseite) gezeigt. Das Umschalten erfolgt durch Kroneziehen, es gibt also keinen Drücker mehr. Es gibt deshalb einen Winkelhebel und die Aufzugdecke ist nun anders geformt und trägt als Fortsatz eine Winkelhebelfeder.
Auch das Gesperr (Werksseite) ist wiederum anders (ein dritter Typ) mit einer sichtbaren Schraube am Sperrhaken, die Feder ist darunter verborgen.
Der Staubdeckel trägt eine Eterna-Prägung, das Zifferblatt ist kyrillisch beschriftet mit "Eterna".

Pocket Watch Forum: User @Uhrologe (06.02. / 07.02.2010): "Oje, oje!", mit Reparaturbericht einer Eterna-TU
forum.pocketwatch.ch/viewtopic.php?f=1&t...4337b6b4e00284de1eb9
(Um das zu lesen, muss man sich als User in dem Forum anmelden)
UTAMOH THUMO
Letzte Änderung: 17 Apr. 2023 19:41 von andi2.
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Re: Eine Taschenuhr "BILLIAN Zürich" von 1921 mit Leuchtzifferblatt und Eterna-Werk

30 Apr. 2023 22:32 - 30 Apr. 2023 22:43
#16698
Zum Abschluss hier noch ein seltsames Lied, das kurz vor dem Ende des ersten Weltkriegs entstand und zum Kampflied der antimonarchistischen Aufständischen und der Meuterer in der Armee wurde. Es zeigt den Zeitgeist, der zur Entstehungszeit der Uhren im Deutschland des zusammenbrechenden Kaiserreichs herrschte.
Der Text war ursprünglich auf den Kaiser Willem Zwo, den Mann mit der Kopfprothese gemünzt und das Lied wurde nach dem Krieg zum Gassenhauer und zum ersten populären Schlager der Zwischenkriegszeit: "Licht aus, Messer raus!"
Der Titel passt ja zum Leuchtzifferblatt, so hätte der angstschlotternde Wilhelm mit einer modernen Uhr im Dunkeln wenigstens noch die Uhrzeit ablesen können, als ihm die Stunde schlug...

de.wikipedia.org/wiki/Licht_aus,_Messer_raus !

UTAMOH THUMO
Letzte Änderung: 30 Apr. 2023 22:43 von andi2.
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