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‘Bertmar’: Taschenuhr im US-Railroad-Stil aus der Schweiz für Kanada, ca.1935
- andi2
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‘Bertmar’: Taschenuhr im US-Railroad-Stil aus der Schweiz für Kanada, ca.1935
03 Nov. 2022 18:29 - 03 Nov. 2022 18:34
Die Uhr, die ich heute zeige, habe ich schon sehr lange, wohl um die 12 Jahre. Ich habe sie aus Kanada von einem Ebay-Händler gekauft und revidieren lassen. Sie kommt bei mir immer wieder zum Einsatz (ich habe meist eine Armbanduhr und eine Taschenuhr am Laufen), wenn sie in dieser Zeit nicht getragen wird, steht sie auf einem Ständer auf dem Nachttisch. Als ich sie diesmal rausholte, habe ich neue Fotos gemacht, denn diese Uhr will ich euch mal zeigen. Ich habe sie wegen ihres umwerfenden Designs gekauft, technisch ist sie nicht so speziell, aber solide, sie ist aber immer noch eine meiner schönsten Taschenuhren. Die Kette habe ich ebenfalls auf Ebay gekauft.
Die halslose Uhr und die Kette stammen unverkennbar aus der Epoche des «Art Deco», ich schätze die Uhr etwa auf 1935. Wer sich mit US-amerikanischen Taschenuhren auskennt, erkennt sofort den Stil dieser Uhr als eine Railroad-Watch der amerikanischen Eisenbahngesellschaften.
Die Eisenbahngesellschaften der USA liessen nur Uhren als Dienstuhren zu, wenn sie einem bestimmten, sehr hohen Mindeststandard entsprachen. Die Vorgaben hinsichtlich der Eigenschaften des Werkes, der erforderlichen Gangwerte, Aussehen von Zifferblatt und Zeigern, Umschaltmechanismus zum Stellen waren detailliert definiert und deutlich strenger als z.B. die Schweizer COSC-Vorgaben. Auch der spätere Umgang mit der Uhr war Vorschriften unterworfen. Zwar waren die Regeln der Gesellschaften im Einzelnen verschieden, insgesamt aber sehr ähnlich. Die Uhrenindustrie der USA stellte sich darauf ein und produzierte darauf abgestimmte sogenannte „Railroad Grades“. Hersteller der Railroad-Grades und der ganzen Uhren waren z.B. Waltham, Elgin, Hamilton, Illinois, Burlington u.a. Die Regeln betrafen vor allem die Uhrwerke, trotzdem entstand durch die Umsetzung der Nutzungsbedingungen auch äusserlich ein typischer Railroad-Stil (sehr ähnlich zwischen den Herstellern, fast uniform, aber dadurch gut gekennzeichnet), der dann auch bei preiswerteren Uhren kopiert wurde, die gar keine Railroad-Uhren waren, weil sie den Anforderungen nicht entsprachen.
Wer damals eine Uhr wollte, die wie eine Railroad-Uhr aussah, hatte also günstigere Alternativen. Diese kamen meist aus der Schweiz, die Schweizer besetzten damals auf dem US-Uhrenmarkt eine ähnliche Position wie heute die Chinesen auf dem europäischen.
Typisch für die Railroad-Uhren der 1930er ist der Zeigersatz aus Birnenzeiger für die Stunde und zugespitztem Lanzettzeiger für die Minute, er war vorgeschrieben (spade hands / railroad hands). Weisse, schwarz bedruckte (Emaille-) Zifferblätter waren Vorschrift. Alle Stunden mussten arabisch angeschrieben sein, römische Zahlen waren verboten, alle Minuten mussten markiert sein. Es bildete sich ein bestimmter Stil heraus, der gute Ablesbarkeit zum Ziel hatte. Die Stundenzahlen wurden so gross wie nur möglich, übergross und fett geschrieben. Diese Blätter erlebten im Lauf der Jahre einen Stilwandel bis hin zu sehr schlichten und serifenlosen Zahlen in späteren Jahren. Die schnörkeligen Zahlen der frühen Dreissiger wie bei der Bertmar gefallen mir noch besser. Die Minuten sind durch fette Quadrate markiert, alle 5 Minuten – gleichzeitig die Stundenmarkierungen – stehen Rhomben.
Meine Bertmar sieht zwar wie eine Railroad-Uhr aus, ist aber keine. Sie wäre zum Dienst nicht zugelassen worden. Um das festzustellen, muss man nur den vorderen Deckel der Uhr abschrauben – das Gehäuse ist wie eine echte Railroad-Uhr vorn und hinten mit einem Schraubdeckel ausgestattet- und sich den Gehäuserand rund um das Zifferblatt ansehen. Dort fehlt eine Ausfräsung für den Stellhebel (Lever) bei der Zwei.
Diese urtümliche Art des Stellmechanismus (lever set) aus den Anfangszeiten des Kronenaufzugs war allgemein für Dienstuhren der Eisenbahngesellschaften bis in die 1940er (oder 50er?) zwingend vorgeschrieben, um ein unabsichtliches Verstellen der Zeit zu verhindern (man findet das sonst quasi nur bei Savonetten bzw. Sprungdeckeltaschenuhren). Zum Stellen einer Railroad-Uhr muss man den vorderen Deckel abschrauben und neben dem Zifferblatt bei der Zwei den Stellhebel herausziehen, Dann wird die Zeit durch Drehen an der Krone gestellt.
Das Werk der Bertmar wird hingegen wie üblich durch Ziehen der Krone auf Stellen umgeschaltet (pendant set). Allerdings hat das Werk einen sogenannten Negativaufzug / amerikanischen Aufzug / umgekehrten Aufzug. Bei der europäischen Methode des Umschaltens steckt eine lange Kronenwelle im Werk, die an einer Winkelhebelschraube entriegelt und dann ganz aus dem Werk herausgezogen werden muss, wenn man das Werk vom Gehäuse trennen will. Beim Negativaufzug gibt es eine geteilte Stellwelle, nur ein kurzes Stück steckt im Werk, der Rest ist mit der Umschaltmechanik am Gehäuse verbaut. Wenn man das Werk vom Gehäuse trennen will, muss man nur hinten die beiden Werkhalteschrauben entfernen und die Krone auf ‘Stellen’ ziehen, das Werk fällt dann nach vorn heraus.
Das Gehäuse besteht aus vergoldetem Messing und ist ein typisches Railroad-Gehäuse. Die Uhr ist halslos, der Pendant ist zu einem kurzen Sockel mit seitlichem Kronenschutz für die grosse Aufzugskrone und Ansatzstelle für den beweglichen, halbkreisförmigen Bügel geschrumpft (Bügel der Railroad-Gehäuse verschieden aber immer speziell geformt, meist verziert, keine einfache runde oder ovale Bügel). Vorn und hinten gibt es immer einen Schraubdeckel. Es gibt viele Designs für solche Railroad-Uhren, aber immer so ähnlich, dass sie als solche zu erkennen sind. Die Einbaugrössen der amerikanischen Uhrwerke waren genormt, die Werke und Gehäuse in Grössenklassen eingeteilt. Das Bertmar-Gehäuse wäre eine 16 size (Railroad-Uhren waren zunächst etwas grösser: 18 size und schrumpften dann etwa in den ‘20ern auf 16 size): Durchmesser Gehäuse: 49,5 mm, Dicke mit Glas: 14 mm.Man sieht schon an der Uhr, dass die Amerikaner im Vergleich zu den Europäern einen Hang zu Pracht und Verzierungen hatten. Die schlichte ‘Malton’, die ich neulich gezeigt habe, sieht etwa wie eine britische Eisenbahn-Uhr aus. Im Gegensatz dazu ist das Gehäuse der Bertmar über und über mit Zierreliefs versehen. Die Reliefs am Rand der beiden Schraubdeckel können bei den Railroad-Gehäusen verschieden aussehen, haben aber neben der schmückenden Eigenschaft ausserdem noch den Zweck, eine gute Griffigkeit beim Schrauben zu gewährleisten. Die Deckel sind dazu gedacht, von Hand, auf und zu gedreht zu werden. Man dreht sie also mit Gefühl handfest zu. Es gibt aber immer wieder Idioten, die meinen, solche Uhren mit äusserster Kraft so fest zudrehen zu müssen, wie es nur geht.
Der hintere Schraubdeckel ist auf der Innenseite graviert mit «Tivoli/ Bertmar Quality / Illinois Watch Case Co / 6930234» Die gleiche Seriennummer findet man auf dem Gehäuse auf der Zifferblattseite. Die Illinois-Watch-Case-Company war ein US-amerikanischer Gehäusehersteller, die dieses Gehäuse in ‘Tivoli’-Qualität für ‘Bertmar’ produzierte.
Wer ‘Bertmar’ war, darüber gibt mikrolisk.de/ Auskunft. Dahinter stecken die Schwob-Freres, bzw. die Cyma (Tavannes). Das gleiche Ziffeblatt gab es auch als ‘Admiral’, auch das eine Marke der Schwob Freres / Cyma. Die in den Uhren enthaltenen werke sind Cyma-Kaliber, auch bei der meinen.
Die Werksbeschriftung lautet: „Bertmar / 17 Jewels / 4 Adjts. / Swiss“: und unter bzw. neben der Unruh „REF. 929a“. Es handelt sich um das Kaliber CYMA 929a. Es ist typisch für die Cyma, der Nummer die Abkürzung «Ref.» (für Referenz) voranzustellen.
Durchmesser incl. Grundplatine: 42,8 mm, Durchmesser ohne Grundplatine: 40,6 mmMonometallische, silberfarbene Schraubenunruh ohne Einschnitte am Reif mit weisser (silberfarbener) Flachspirale, Rückerzeiger am Unruhkloben mit Schwanenhals-Feinregulierung, 17 Jewels: alle Räderwerkslager, auch beim zentralen Minutenrad besteint, Lagerstein des Minutenrads mit gepresstem Chaton, die übrigen Rubine direkt in die Platine verpresst.
Werk silberfarben vernickelt, mit Zierschliff aus breiten parallelen Bändern.
Ich habe im Laufe der Jahre schon einige dieser ‘Admiral’- und ‘Bertmar’-Uhren gesehen. Die Zifferblatt-Zeiger-Kombination war immer die gleiche. Die Zeiger fallen durch ihre purpurrote Anlassfarbe auf, im Gegensatz zu den sonstigen derartigen Zeigern, die blau angelassen sind. Es wurden aber mindestens drei verschiedene Cyma-Kaliber damit ausgestattet. Ich habe insgesamt drei ‘Bertmar’ gesehen, die genau in dem gleichen Gehäuse waren wie meine. Im Moment wird aber eine in einem anderen Railroad-Gehäuse angeboten (Sekundenzeiger nicht original, blau): www.ebay.ch/itm/265446951362?hash=item3d...tkp%3ABk9SR66uieCHYQ Wenn man über die Jahre betrachtet, was insgesamt an Bertmar-Taschenuhren auf Ebay angeboten wird. Dann ergibt sich folgendes Bild:Bertmar-Uhren werden fast immer in Kanada angeboten. Das gilt auch schon für die älteren Uhren, die aus den 1930ern stammen. Die Marke wurde 1932 durch die Schwob Freres (Cyma) registriert. Diese alten Bertmar-Uhren enthalten stets Werke der Cyma und Gehäuse aus Kanada oder den USA. Man kann also davon ausgehen, dass solche Werke mit Zifferblatt und Zeigern, aber ohne Gehäuse exportiert, mit den Gehäusen später zusammengesetzt und in Kanada vermarktet wurden.Später, um 1949 wurde ‘Bertmar’ als Hausmarke der kanadischen ‘People’s Credit Jewellers’ registriert. Der Gründer Frank Gerstein brachte die Legende unter das Volk, die Marke sei nach seinen Söhnen Bert(rand) und Mar(vin) benannt. Aber es scheint so, als habe Gerstein die schon länger bestehende Marke von den Schwob Freres / Cyma gekauft und die Geschichte erfunden.
Ich hoffe, euch gefällt die Uhr und der Thread war nicht zu langweilig.
Gruss Andi
Die halslose Uhr und die Kette stammen unverkennbar aus der Epoche des «Art Deco», ich schätze die Uhr etwa auf 1935. Wer sich mit US-amerikanischen Taschenuhren auskennt, erkennt sofort den Stil dieser Uhr als eine Railroad-Watch der amerikanischen Eisenbahngesellschaften.
Die Eisenbahngesellschaften der USA liessen nur Uhren als Dienstuhren zu, wenn sie einem bestimmten, sehr hohen Mindeststandard entsprachen. Die Vorgaben hinsichtlich der Eigenschaften des Werkes, der erforderlichen Gangwerte, Aussehen von Zifferblatt und Zeigern, Umschaltmechanismus zum Stellen waren detailliert definiert und deutlich strenger als z.B. die Schweizer COSC-Vorgaben. Auch der spätere Umgang mit der Uhr war Vorschriften unterworfen. Zwar waren die Regeln der Gesellschaften im Einzelnen verschieden, insgesamt aber sehr ähnlich. Die Uhrenindustrie der USA stellte sich darauf ein und produzierte darauf abgestimmte sogenannte „Railroad Grades“. Hersteller der Railroad-Grades und der ganzen Uhren waren z.B. Waltham, Elgin, Hamilton, Illinois, Burlington u.a. Die Regeln betrafen vor allem die Uhrwerke, trotzdem entstand durch die Umsetzung der Nutzungsbedingungen auch äusserlich ein typischer Railroad-Stil (sehr ähnlich zwischen den Herstellern, fast uniform, aber dadurch gut gekennzeichnet), der dann auch bei preiswerteren Uhren kopiert wurde, die gar keine Railroad-Uhren waren, weil sie den Anforderungen nicht entsprachen.
Wer damals eine Uhr wollte, die wie eine Railroad-Uhr aussah, hatte also günstigere Alternativen. Diese kamen meist aus der Schweiz, die Schweizer besetzten damals auf dem US-Uhrenmarkt eine ähnliche Position wie heute die Chinesen auf dem europäischen.
Typisch für die Railroad-Uhren der 1930er ist der Zeigersatz aus Birnenzeiger für die Stunde und zugespitztem Lanzettzeiger für die Minute, er war vorgeschrieben (spade hands / railroad hands). Weisse, schwarz bedruckte (Emaille-) Zifferblätter waren Vorschrift. Alle Stunden mussten arabisch angeschrieben sein, römische Zahlen waren verboten, alle Minuten mussten markiert sein. Es bildete sich ein bestimmter Stil heraus, der gute Ablesbarkeit zum Ziel hatte. Die Stundenzahlen wurden so gross wie nur möglich, übergross und fett geschrieben. Diese Blätter erlebten im Lauf der Jahre einen Stilwandel bis hin zu sehr schlichten und serifenlosen Zahlen in späteren Jahren. Die schnörkeligen Zahlen der frühen Dreissiger wie bei der Bertmar gefallen mir noch besser. Die Minuten sind durch fette Quadrate markiert, alle 5 Minuten – gleichzeitig die Stundenmarkierungen – stehen Rhomben.
Meine Bertmar sieht zwar wie eine Railroad-Uhr aus, ist aber keine. Sie wäre zum Dienst nicht zugelassen worden. Um das festzustellen, muss man nur den vorderen Deckel der Uhr abschrauben – das Gehäuse ist wie eine echte Railroad-Uhr vorn und hinten mit einem Schraubdeckel ausgestattet- und sich den Gehäuserand rund um das Zifferblatt ansehen. Dort fehlt eine Ausfräsung für den Stellhebel (Lever) bei der Zwei.
Diese urtümliche Art des Stellmechanismus (lever set) aus den Anfangszeiten des Kronenaufzugs war allgemein für Dienstuhren der Eisenbahngesellschaften bis in die 1940er (oder 50er?) zwingend vorgeschrieben, um ein unabsichtliches Verstellen der Zeit zu verhindern (man findet das sonst quasi nur bei Savonetten bzw. Sprungdeckeltaschenuhren). Zum Stellen einer Railroad-Uhr muss man den vorderen Deckel abschrauben und neben dem Zifferblatt bei der Zwei den Stellhebel herausziehen, Dann wird die Zeit durch Drehen an der Krone gestellt.
Das Werk der Bertmar wird hingegen wie üblich durch Ziehen der Krone auf Stellen umgeschaltet (pendant set). Allerdings hat das Werk einen sogenannten Negativaufzug / amerikanischen Aufzug / umgekehrten Aufzug. Bei der europäischen Methode des Umschaltens steckt eine lange Kronenwelle im Werk, die an einer Winkelhebelschraube entriegelt und dann ganz aus dem Werk herausgezogen werden muss, wenn man das Werk vom Gehäuse trennen will. Beim Negativaufzug gibt es eine geteilte Stellwelle, nur ein kurzes Stück steckt im Werk, der Rest ist mit der Umschaltmechanik am Gehäuse verbaut. Wenn man das Werk vom Gehäuse trennen will, muss man nur hinten die beiden Werkhalteschrauben entfernen und die Krone auf ‘Stellen’ ziehen, das Werk fällt dann nach vorn heraus.
Das Gehäuse besteht aus vergoldetem Messing und ist ein typisches Railroad-Gehäuse. Die Uhr ist halslos, der Pendant ist zu einem kurzen Sockel mit seitlichem Kronenschutz für die grosse Aufzugskrone und Ansatzstelle für den beweglichen, halbkreisförmigen Bügel geschrumpft (Bügel der Railroad-Gehäuse verschieden aber immer speziell geformt, meist verziert, keine einfache runde oder ovale Bügel). Vorn und hinten gibt es immer einen Schraubdeckel. Es gibt viele Designs für solche Railroad-Uhren, aber immer so ähnlich, dass sie als solche zu erkennen sind. Die Einbaugrössen der amerikanischen Uhrwerke waren genormt, die Werke und Gehäuse in Grössenklassen eingeteilt. Das Bertmar-Gehäuse wäre eine 16 size (Railroad-Uhren waren zunächst etwas grösser: 18 size und schrumpften dann etwa in den ‘20ern auf 16 size): Durchmesser Gehäuse: 49,5 mm, Dicke mit Glas: 14 mm.Man sieht schon an der Uhr, dass die Amerikaner im Vergleich zu den Europäern einen Hang zu Pracht und Verzierungen hatten. Die schlichte ‘Malton’, die ich neulich gezeigt habe, sieht etwa wie eine britische Eisenbahn-Uhr aus. Im Gegensatz dazu ist das Gehäuse der Bertmar über und über mit Zierreliefs versehen. Die Reliefs am Rand der beiden Schraubdeckel können bei den Railroad-Gehäusen verschieden aussehen, haben aber neben der schmückenden Eigenschaft ausserdem noch den Zweck, eine gute Griffigkeit beim Schrauben zu gewährleisten. Die Deckel sind dazu gedacht, von Hand, auf und zu gedreht zu werden. Man dreht sie also mit Gefühl handfest zu. Es gibt aber immer wieder Idioten, die meinen, solche Uhren mit äusserster Kraft so fest zudrehen zu müssen, wie es nur geht.
Der hintere Schraubdeckel ist auf der Innenseite graviert mit «Tivoli/ Bertmar Quality / Illinois Watch Case Co / 6930234» Die gleiche Seriennummer findet man auf dem Gehäuse auf der Zifferblattseite. Die Illinois-Watch-Case-Company war ein US-amerikanischer Gehäusehersteller, die dieses Gehäuse in ‘Tivoli’-Qualität für ‘Bertmar’ produzierte.
Wer ‘Bertmar’ war, darüber gibt mikrolisk.de/ Auskunft. Dahinter stecken die Schwob-Freres, bzw. die Cyma (Tavannes). Das gleiche Ziffeblatt gab es auch als ‘Admiral’, auch das eine Marke der Schwob Freres / Cyma. Die in den Uhren enthaltenen werke sind Cyma-Kaliber, auch bei der meinen.
Die Werksbeschriftung lautet: „Bertmar / 17 Jewels / 4 Adjts. / Swiss“: und unter bzw. neben der Unruh „REF. 929a“. Es handelt sich um das Kaliber CYMA 929a. Es ist typisch für die Cyma, der Nummer die Abkürzung «Ref.» (für Referenz) voranzustellen.
Durchmesser incl. Grundplatine: 42,8 mm, Durchmesser ohne Grundplatine: 40,6 mmMonometallische, silberfarbene Schraubenunruh ohne Einschnitte am Reif mit weisser (silberfarbener) Flachspirale, Rückerzeiger am Unruhkloben mit Schwanenhals-Feinregulierung, 17 Jewels: alle Räderwerkslager, auch beim zentralen Minutenrad besteint, Lagerstein des Minutenrads mit gepresstem Chaton, die übrigen Rubine direkt in die Platine verpresst.
Werk silberfarben vernickelt, mit Zierschliff aus breiten parallelen Bändern.
Ich habe im Laufe der Jahre schon einige dieser ‘Admiral’- und ‘Bertmar’-Uhren gesehen. Die Zifferblatt-Zeiger-Kombination war immer die gleiche. Die Zeiger fallen durch ihre purpurrote Anlassfarbe auf, im Gegensatz zu den sonstigen derartigen Zeigern, die blau angelassen sind. Es wurden aber mindestens drei verschiedene Cyma-Kaliber damit ausgestattet. Ich habe insgesamt drei ‘Bertmar’ gesehen, die genau in dem gleichen Gehäuse waren wie meine. Im Moment wird aber eine in einem anderen Railroad-Gehäuse angeboten (Sekundenzeiger nicht original, blau): www.ebay.ch/itm/265446951362?hash=item3d...tkp%3ABk9SR66uieCHYQ Wenn man über die Jahre betrachtet, was insgesamt an Bertmar-Taschenuhren auf Ebay angeboten wird. Dann ergibt sich folgendes Bild:Bertmar-Uhren werden fast immer in Kanada angeboten. Das gilt auch schon für die älteren Uhren, die aus den 1930ern stammen. Die Marke wurde 1932 durch die Schwob Freres (Cyma) registriert. Diese alten Bertmar-Uhren enthalten stets Werke der Cyma und Gehäuse aus Kanada oder den USA. Man kann also davon ausgehen, dass solche Werke mit Zifferblatt und Zeigern, aber ohne Gehäuse exportiert, mit den Gehäusen später zusammengesetzt und in Kanada vermarktet wurden.Später, um 1949 wurde ‘Bertmar’ als Hausmarke der kanadischen ‘People’s Credit Jewellers’ registriert. Der Gründer Frank Gerstein brachte die Legende unter das Volk, die Marke sei nach seinen Söhnen Bert(rand) und Mar(vin) benannt. Aber es scheint so, als habe Gerstein die schon länger bestehende Marke von den Schwob Freres / Cyma gekauft und die Geschichte erfunden.
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Gruss Andi
UTAMOH THUMO
Letzte Änderung: 03 Nov. 2022 18:34 von andi2.
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Re: ‘Bertmar’: Taschenuhr im US-Railroad-Stil aus der Schweiz für Kanada, ca.1935
03 Nov. 2022 22:00
Vielen Dank Andi für die tolle Vorstellung. Ich habe vieles daraus gelernt, sehr gut geschrieben!
“There is more stupidity than hydrogen in the universe, and it has a longer shelf life.”
― Frank Zappa
― Frank Zappa
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- andi2
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Re: ‘Bertmar’: Taschenuhr im US-Railroad-Stil aus der Schweiz für Kanada, ca.1935
03 Nov. 2022 23:20
Danke euch beiden für den Zuspruch. Ich mühe mich ja immer vor allem mit den Bildern. Darauf kommt es mir am meisten an. Diesmal bin ich zufrieden. Bei der Malton neulich sind die Bilder leider nicht so gut geworden.
Ich bin immer am experimentieren. Ich bin dazu übergegangen, die Uhr meist ohne alle Beigaben zu fotografieren. Oft finde ich Schwarz als Hintergrund am besten. Für die Fotos der Taschenuhren von vorn hab ich mir eine schwarz ausgeschlagene frühere Weinkiste gebastelt mit kurzem schwarzem Sockel am Boden. Die Taschenuhr, die fotografiert werden soll, wird mit einem Klumpen Rodico (Uhrmacherknete) auf den Sockel gepappt. Sie schwebt also in der Luft vor schwarzem Hintergrund. So zeichnet sich die Kontur scharf ab und an dem Bild muss nicht viel retuschiert werden.
Bei anderen Bildern trenne ich die Uhr vom Hintergrund, bearbeite beides getrennt und füge es wieder zusammen.
Den Text quäle ich mir dann am Schluss ab, wenn die Bilder fertig sind. Das ist eher der mühsame Teil. Am Anfang denke ich immer, das kannst du kurz machen, da brauchst du nicht viel zu schreiben. Und dann werden es doch immer längere Texte...
Ich bin immer am experimentieren. Ich bin dazu übergegangen, die Uhr meist ohne alle Beigaben zu fotografieren. Oft finde ich Schwarz als Hintergrund am besten. Für die Fotos der Taschenuhren von vorn hab ich mir eine schwarz ausgeschlagene frühere Weinkiste gebastelt mit kurzem schwarzem Sockel am Boden. Die Taschenuhr, die fotografiert werden soll, wird mit einem Klumpen Rodico (Uhrmacherknete) auf den Sockel gepappt. Sie schwebt also in der Luft vor schwarzem Hintergrund. So zeichnet sich die Kontur scharf ab und an dem Bild muss nicht viel retuschiert werden.
Bei anderen Bildern trenne ich die Uhr vom Hintergrund, bearbeite beides getrennt und füge es wieder zusammen.
Den Text quäle ich mir dann am Schluss ab, wenn die Bilder fertig sind. Das ist eher der mühsame Teil. Am Anfang denke ich immer, das kannst du kurz machen, da brauchst du nicht viel zu schreiben. Und dann werden es doch immer längere Texte...
UTAMOH THUMO
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